Ein internationales Konsortium unter Koordination der Universität Wien forscht in einem EU-Projekt an Strategien, die gegenüber Hitzestress besonders empfindliche Kartoffel fit für die Herausforderungen des Klimawandels zu machen.
Das EU-Projekt ADAPT (Accelerated Development of multiple-stress tolerAnt PoTato), koordiniert von der Universität Wien, erforscht die molekularen Mechanismen der Stressanpassung der Kartoffel mit dem Ziel, resistentere Sorten zu entwickeln.
Der Kontext
Die Kartoffel gehört zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Welt. Auch als Futtermittel und Industrierohstoff ist sie von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Allerdings spürt sie die Folgen der Klimaveränderungen in besonderem Ausmaß. Denn die Kartoffel stammt ursprünglich aus den klimatisch kühlen Hochlandregionen Südamerikas und reagiert daher äußerst empfindlich auf Hitzestress. Perioden von Hitze und Dürre können zu Ertragseinbußen von bis zu 70 Prozent führen. Durch Überschwemmungen der Anbauflächen als Folge von Starkregen droht sogar der Verlust gesamter Ernten.
Foto: Susanne Kirchmaier, NÖS
Das Projekt
Ziel des Projektes ist es, neue Strategien zu entwickeln, um die Kartoffel fit für die herausfordernden klimatischen Bedingungen der Zukunft machen. Die Mechanismen der Stressanpassung auf molekularer Ebene sind in pflanzlichen Modellsystemen wie der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) teilweise erforscht, jedoch weitestgehend nicht in Nutzpflanzen wie der Kartoffel.
Im Projekt werden die molekularen und phänotypischen Reaktionen auf kombinatorischen Hitze- und Trockenstress erforscht, der durch den Klimawandel in der Zukunft für den Ernteertrag von Kartoffeln besonders wichtig sein wird. In Zusammenarbeit mit den Züchter*innen sollen wichtige Merkmale identifiziert werden, die die Stresstoleranz von Kartoffelsorten verbessern.
"Aufbauend auf unserem Verständnis der molekularen Zusammenhänge wollen wir neue Marker für eine gezielte Züchtung von stresstoleranten Kartoffelsorten identifizieren, die in der Lage sind, auch unter den schwierigen klimatischen Bedingungen der Zukunft stabile Erträge zu liefern. Unsere Forschungsergebnisse sollen direkt die relevanten Interessensvertreter und Endverbraucher erreichen, in den Züchtungsprogrammen der Kartoffelzüchter umgesetzt werden und sich auf moderne landwirtschaftliche Anbaupraxis auswirken", erklärt Projektkoordinator Markus Teige von der Universität Wien.
Das Konsortium
Im Projekt kombinieren die beteiligten Forscher*innen ihre Expertise auf den Gebieten der Molekularbiologie, Stressphysiologie, Systembiologie und Analytik mit Technologie-Entwicklung und molekularer Pflanzenzüchtung und arbeiten Hand in Hand mit Endverbraucher-orientierten Organisationen für Sortentypisierung und Handel, um die erzielten Ergebnisse direkt in praktische Anwendungen zu überführen.
Projektteilnehmer
1. Universität Wien, AT
2. Rheinische Friedrich‐Wilhelms‐Universität Bonn, DE
3. Utrecht University, NL
4. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, DE
5. The James Hutton Institute, UK
6. Durham University, UK
7. Wageningen University & Research, NL
8. Palacký University Olomouc, CZ
9. Center for Research in Agricultural Genomics, ES
10. NIB, National Institute of Biology, SI
11. HZPC Research BV, NL
12. C. Meijer potato BV, NL
13. Solana Research GmbH, DE
14. NÖS, Niederösterreichische Saatbaugenossenschaft, AT
15. PSI, Photon Systems Instruments, CZ
16. EUROPATAT, European Potato Trade Association, BE
17. AGES, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, AT
Die Rolle des österreichischen Partners
Die Universität Wien koordiniert institutionell das Projekt. Persönlicher Koordinator des Projektes ist der Pflanzenbiologe Dr. Markus Teige von der Abteilung Molekulare Systembiologie am Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie der Fakultät für Lebenswissenschaften. Die Arbeitsgruppe von Markus Teige arbeitet an den Arbeitspaketen über molekulare Anpassungen der Stressantwort in ADAPT. Dabei steht vor allem die Entwicklung neuer Sensorpflanzen im Vordergrund, mit den es möglich sein wird, molekulare Reaktionen von Kartoffelpflanzen „live“ mit zu verfolgen und mit einfachem Methoden zu erfassen, welche Signalwege unter diesen Stressbedingungen aktiviert werden. Außerdem ist die Abteilung mit der Arbeitsgruppe von Prof. Wolfram Weckwerth in den Arbeitspaketen Proteomics und Systembiologie/ Modelling involviert.
Projektkoordinator Markus Teige
Der europäische Mehrwert
Projektkoordinator Markus Teige: „Mit diesem Forschungsprojekt können wir wissenschaftliches Neuland erschließen und ein neuartiges Methodenspektrum in unsere Arbeiten integrieren, was in dieser Form einmalig ist. Darüber hinaus bieten sich in diesem Konsortium auch viele neue Möglichkeiten für weitere EU- oder bilaterale Projekte.“
Horizon 2020: 75 Milliarden Euro für Forschung und Innovation
Das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 ist das weltweit größte transnationale Programm für Forschung und Innovation. Rund 75 Milliarden Euro stehen im Zeitraum 2014 bis 2020 zur Verfügung. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG stellt als Nationale Kontaktstelle (National Contact Point, NCP) ein umfassendes Beratungs- und Informationsangebot zur Verfügung. Diese Maßnahmen werden von mehreren Ministerien und der Wirtschaftskammer Österreich unterstützt.